In unserer hypervernetzten, socialmediatisierten Welt wird ausnahmslos jedes Thema und jeder noch so herbei gezerrter Anlass sofort von allen Seiten als Beleg für deren jeweilige Interpretation der Wirklichkeit missbraucht. Unabhängig davon, ob es sich um eine globale Krise, eine politische Entscheidung oder ein gesellschaftliches Ereignis handelt – alles wird primär dafür genutzt, das eigene Weltbild zu bestätigen und zu verstärken. Dies führt dazu, dass selbst die kleinste Nachricht weiteres Öl ins Feuer gießt und die ohnehin schon radikalisierten Sichtweisen noch weiter verengt werden.
In den Echokammern der Online-Netzwerken wird jede Meldung (gerne stark verkürzt) in der Form präsentiert und interpretiert, die die eigenen Überzeugungen stützt und die andere Seite diffamiert. Die vielschichtige, ineinander verwobene Realität wird auf einfache, leicht verdauliche Narrative reduziert, die das eigene Weltbild bestätigen. Wer dieses, oft mit juden- oder ausländerfeindlichen Chiffren durchsetzte, Weltbild nicht teilt oder gar hinterfragt, wird schnell als (der eigentliche) Feind der Demokratie, der Menschlichkeit oder __hier bitte einen beliebigen anderen Pfeiler der aufgeklärten Gesellschaft einsetzen__ gebrandmarkt.
Polemik, Zynismus, Aggression und eine stumpfe Rechthaberei haben die gesellschaftliche Kommunikation also mittlerweile fest im Griff. Unter dem Deckmantel des „ich frage ja nur“ und „das ist alles nicht mehr normal“ wird oftmals einfach nur lautstark die eigene Meinung proklamiert, ohne komplexe Zusammenhänge von Gleichzeitigkeit zuzulassen. Diese destruktive Kakophonie übertönt zunehmend die moderaten Stimmen, die dadurch (relativ, aber auch absolut gesehen) leiser werden.
Die Konsequenzen sind alarmierend: Anstatt das Miteinander zu stärken, zersplittert die Gesellschaft, polarisiert und entfernt sich voneinander. Wir steuern nicht nur ökologisch auf eine toxische Dystopie zu, es kotzt mich an.